Sehr geehrter Herr Landrat,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
wir diskutieren und verabschieden heute den ersten Haushalt nach der Kommunalwahl. Und diese Kommunalwahl kann man auch Ende des Jahres ruhig noch einmal erwähnen.
Denn sie hat sehr deutlich den Kurs bestätigt, den der Ennepe-Ruhr-Kreis in den vergangenen fünf Jahren eingeschlagen hat. Sie hat damit auch die rot-grüne Mehrheit bestätigt, die weitere sechs Jahre für die Menschen hier im Kreis arbeiten darf.
Aber trotz dieser rot-grünen Mehrheit werden wir, wie in den vergangenen fünf Jahren auch, auf alle anderen Fraktionen im Kreistag zugehen und versuchen, eng mit ihnen zusammenzuarbeiten und gemeinsam Projekte umzusetzen. Dass das funktioniert, zeigen zwei der heute vorliegenden Anträge, auf die ich später noch eingehen werde.
Wie in jedem Jahr sind auch in diesem Jahr die Haushaltsberatungen relativ ereignislos gewesen und unaufgeregt über die Bühne gegangen.
Das hat leider einen bestimmten Grund, den ich auch in diesem Jahr zum wiederholten Male erwähnen möchte – auch wenn ich es langsam leid bin:
Wir haben kein Geld.
Wir haben sogar weniger als kein Geld.
Es mag vielleicht für den ein oder anderen überraschend sein, dass wir kein Geld haben. Schließlich hatte man ja nach der Koalitionsbildung im Bund wenigsten die leise Hoffnung, dass die Kommunen endlich von den stetig steigenden Sozialkosten entlastet werden.
Was ja auch nur gerecht wäre, denn weder haben wir grundsätzlich Einfluss auf die Sozialkosten, noch auf ihre Steigerung. Alle Entscheidungen, die die soziale Situation in Deutschland verbessern oder verschlechtern, werden nicht in den Kommunen getroffen – sondern in Berlin. Also sollte Berlin dafür auch Verantwortung tragen.
Aber, wie eigentlich zu erwarten war: Berlin kommt seiner Verantwortung nicht nach, trotz des Koalitionsvertrages.
Und auch in diesem Jahr wundert es mich wieder, wie die Kolleginnen und Kollegen der Union und auch der SPD so derart gelassen hier sitzen können, obwohl sie ja eigentlich dauernd in Berlin gegen ihre Parteifreundinnen und Parteifreunde protestieren müssten.
Der Landrat hat in seiner Haushaltsrede sehr detailliert dargestellt, wie im Moment der Fahrplan in Berlin aussieht und dass er mal wieder zu keinen Verbesserungen führen wird.
Genauso, wie das Verhalten der Bundesregierung meinen Erwartungen entsprochen hat, hat auch das Verhalten einiger Politikerinnen und Politiker aus den Städten meinen Erwartungen entsprochen.
Einige machen nicht nur, aber auch den Kreis für ihre finanzielle Situation verantwortlich.
Wie falsch das ist, hat der Landrat in seiner Rede ebenfalls sehr ausführlich geschildert. Und wie falsch das ist, zeigt auch die vollständige Weitergabe der Senkung der LWL-Umlage durch den Kreis an unsere Städte.
Es macht doch in der nun schon seit Jahren andauernden kommunalen Finanzkrise keinen Sinn, sich gegenseitig an die Gurgel zu gehen!
Wir hier im Kreis, weder die Kreisverwaltung noch die Mitglieder des Kreistages, sind keine schlechten Menschen. Wir wollen weder jemandem etwas wegnehmen noch uns auf Kosten der Städte profilieren oder sanieren.
Ganz im Gegenteil. Wir versuchen hier, mit sehr wenig Ressourcen und sehr viel Zurückhaltung kreisweite Lösungen für kreisweite Probleme zu finden.
Und deshalb bin ich dankbar für den Antrag der FDP, den wir zu dritt gemeinsam mit der SPD etwas abgeändert eingebracht haben: Wir sollten uns alle, Kreis und Kommunen, Verwaltungen und Politik, an einen Tisch setzen und überlegen, wie man bestimmte Aufgaben optimieren kann.
Ich will jetzt hier keine lange Liste an Beispielen nennen – aber es kann doch schon sein, dass beispielsweise der Kreis bestimmte Aufgaben besser erledigen kann, als einige Städte. Umgekehrt kann dieser Fall selbstverständlich auch eintreten!
Das Jobcenter und seine Eingliederung in die Kreisverwaltung ist doch ein sehr gutes Beispiel dafür, wie eine solche Diskussion verlaufen kann.
Deshalb setze ich viel Hoffnung in den entsprechenden Punkt der Kooperationsvereinbarung zwischen SPD und GRÜNEN, der heute hier auf Initiative der FDP abgestimmt wird, und bin sehr gespannt auf den kommenden Diskussionsprozess.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, man sieht: wir haben uns schon einige Gedanken zur Haushaltssituation gemacht. Nach vergeblichen Haushaltskommission, Sparrunden und Selbstbeschränkungen.
Diese Gedanken kann ich bei Ihnen aber leider nicht erkennen. Auch hier jedes Jahr dasselbe Spiel: Sie fordern Kürzungen mit dem Rasenmäher, wir lehnen diese ab und fragen Sie, in welchen Bereichen Sie denn konkrete Einsparpotentiale sehen.
Aber da ich in bisher sechs Jahren nicht erlebt habe, dass Sie welche nennen können, habe ich langsam doch den Verdacht, dass Sie auch keine kennen – so wenig, wie wir …
Daher werden wir den Antrag der CDU-Fraktion ablehnen und freuen uns dann vielleicht im nächsten Jahr auf ausgereiftere Vorschläge, die vielleicht nicht beim ohnehin knappen Personal der Kreisverwaltung ansetzen. Oder aber auf Ihre rege Beteiligung am Runden Tisch.
Auch die beiden Anträge der Fraktion der Linken können uns nicht überzeugen. Wir plädieren für eine Gleichbehandlung aller Initiativen, Träger und Verbände. Ihre Unterstützung wird in jedem Jahr sehr intensiv und ernsthaft im Fachausschuss diskutiert.
Natürlich können wir jeden gut begründeten Antrag nachvollziehen und würden auch gerne alle Wünsche nach höherer finanzieller Unterstützung erfüllen. Allerdings lässt die Haushaltssituation des Kreises dies nicht zu.
Wir müssen zwischen den verschiedenen Politikbereichen des Kreises abwägen und unsere Ressourcen einigermaßen gerecht verteilen.
Deshalb wollen wir auch die Frauenberatung, bei allem Verständnis für ihre Situation, nicht einseitig bevorzugen. Ich will aber daran erinnern, dass wir im letzten Jahr trotzdem die Mittel der Frauenberatung um 10.000 Euro erhöht haben, der Zuschuss hat sich seit 2008 fast verdoppelt – in diesem Jahr sehen wir diesen Spielraum nicht.
Gleiches gilt für die Arbeitslosenberatung. Hier schlagen wir allerdings zunächst eine Diskussion des Antrags im zuständigen Fachausschuss vor, die ja dort bisher noch nicht erfolgt ist.
Im Ausschuss sollte dann entschieden werden, wie es mit diesem Antrag weitergehen kann. Ich möchte aber schon anmerken, dass die Arbeitslosenberatung hier im Kreis mehr finanzielle Unterstützung durch das Land und den Kreis erfährt, als dies in anderen Kommunen der Fall ist.
Das Gefühl bleibt, dass die Linke ihre Anträge nicht ernst meint, sondern nur plakativ ihre vermeintliche Klientel befriedigen will. Denn sonst hätten Sie Ihre Anträge in den Fachausschüssen zur Diskussion gestellt – und nicht erst hier im Kreistag.
Allerdings wäre dort dann wahrscheinlich auch das deutlich geworden, was ich Ihnen hier gerade gesagt hätte – nur natürlich mit wesentlich weniger Aufmerksamkeit durch ein kleineres Publikum.
Trotz der jetzt schon oft erwähnten schlechten finanziellen Situation versuchen wir, eigene Akzente zu setzen und den Kreis weiter nach vorne zu bringen.
Die zwischen uns und der SPD nach der Kommunalwahl ausgehandelte Kooperationsvereinbarung ist hierfür unsere Richtschnur. Wir freuen uns, dass erste Projekte bereits angestoßen wurden und sich offensichtlich auch andere Fraktionen mit ihren Inhalten auseinandergesetzt haben.
Ein Beispiel dafür ist der Breitbandausbau. Der fraktionsübergreifende Antrag hat mich sehr gefreut, ist er doch ein wichtiges Zeichen auch für die Unternehmen hier im Kreis.
Natürlich übernehmen wir hiermit wieder einmal die Finanzierung einer Aufgabe, die im Sinne der Daseinsvorsorge eigentlich der Bund übernehmen müsste. Aber es ist eine wichtige Aufgabe für die Weiterentwicklung unseres Kreises, die nicht brach liegen sollte. Wir sind sehr gespannt auf das Konzept, welches die Verwaltung uns Anfang nächsten Jahres präsentieren wird. Bis dahin stehen sowohl die Mittel wie auch die Stelle unter Vorbehalt. Wie beschließen hier nichts aus dem Bauch heraus, sondern gehen sehr bedacht an diese Aufgabe heran.
Ein anderes Beispiel sind die kommenden großen Herausforderungen im Bereich des demographischen Wandels, mit all seinen Folgen für den Kreis. Auch dieses Thema will ich hier nur kurz anreißen und darauf hinweisen, dass wir uns in diesem Bereich verstärkt engagieren werden und einen eigenen Ausschuss mit der Entwicklung von Konzepten beauftragt haben.
In Witten kann man im Moment beobachten, wie die Verbraucherberatung entsteht. Sie wird im nächsten Jahr ihre Arbeit aufnehmen und eine große Lücke in der Beratungslandschaft des Ennepe-Ruhr-Kreises schließen. Und ganz nebenbei wertet sie auch noch den Bahnhof und damit den Anfang der Wittener Innenstadt auf.
Auch im Bereich der Erneuerbaren Energien setzt die EN-Agentur ihre ausgezeichnete Arbeit fort, verfolgt laufende Projekte weiter und stößt neue an. So hat auf der ÖKOPROFIT-Veranstaltung im Oktober der Landesumweltminister unsere Anstrengungen in diesem Bereich ausdrücklich als beispielhaf gelobt.
Dies sind nur vier kurze Beispiele dafür, dass es voran geht in unserem Kreis – trotz der vielen Steine, die uns von anderen Ebenen immer wieder in den Weg gelegt werden. Weitere Beispiele können sie der schon erwähnten Kooperationsvereinbarung entnehmen, die wir in den nächsten Jahren sukzessive abarbeiten werden.
Und deshalb von meiner Seite aus noch einmal abschließend der Appell: Wir sollten in der kommunalen Familie zusammenhalten und versuchen, uns gemeinsam zu helfen!
Diese Fortschritte sind für einen Kreis in unserer Situation nicht selbstverständlich. Deswegen will ich mich insbesondere bei der Kreisverwaltung, aber auch bei allen anderen Fraktionen für die gute Zusammenarbeit bedanken und bin gespannt auf die kommenden Jahre dieser Legislatur.
Wir stimmen dem Haushalt für das Jahr 2015 gerne zu.